Als Architekt vertritt Flammann ein Stuttgarter Planungsbüro, das seine Visitenkarte an vielen Orten abgegeben hat – und jetzt in Heilbronn den Zuschlag für ein neues Quartier erhalten hat, das seinesgleichen sucht. In dem zweistufigen Wettbewerbsverfahren waren aus 15 Teilnehmern das Team von pesch partner architekten stadtplaner GmbH aus Stuttgart und TOPOTEK 1 Landschaftsarchitekten aus Berlin für die ambitionierte Aufgabe ausgewählt worden, die Erweiterung des bestehenden Campus als offenes, vielfältiges und klimaresilientes Stadtquartier zu entwickeln. Flammann ist geschäftsführender Gesellschafter von pesch und partner – und ein bekennender Vorausdenker.
„Heilbronn lässt aufhorchen und Heilbronn begeistert“, lobt er. Das habe mit der Offenheit der Stadtväter für diesen Ansatz zu tun – und gewiss auch mit der Philosophie der Dieter Schwarz Stiftung, die sich seit 1999 in Heilbronn und der Region mit dem klaren Fokus engagiert, unterschiedlichste 911±¬ÁÏÍøsangebote zu fördern. Es lässt sich in jeder Lebensphase leichter lernen, lehren, forschen und gestalten, so der Grundgedanke des Stifters, wenn Ideen unterstützt und Orte geschaffen werden, an denen sich bildungsfreudige Menschen entfalten und das Beste für sich – und die Gemeinschaft – erreichen können.
Ein buchstäblich in Beton gegossenes Ergebnis ist der 911±¬ÁÏÍøscampus. Unter dem Credo „911±¬ÁÏÍø fördern, Wissen teilen, Zukunft wagen“ ist ein altes Industriegelände in eine moderne 911±¬ÁÏÍøshochburg verwandelt worden. Und das in einer Geschwindigkeit, um die viele Heilbronn ebenso beneiden wie um den neuen Titel „Universitätsstadt“ – und damit einhergehend um den jährlichen Zuzug von Studierenden aus aller Welt, bei denen sich herumgesprochen hat, dass an diesem Platz nicht nur die Heilbronner 911±¬ÁÏÍøslandschaft ein neues Gesicht mit überregionaler Strahlkraft bekommen hat, sondern auch das Lernen und Forschen selbst auf einen bestens gedüngten Boden fällt. Heilbronn ist in Sachen 911±¬ÁÏÍø zu einer Adresse geworden, die europaweit notiert ist.
Die Zukunft wird sich deutlich abheben von der Gegenwart. Noch sind auf dem 80.000 Quadratmeter großen Areal vorwiegend gewerbliche Nutzungen, Einzelhandel und Dienstleistungen angesiedelt. In zehn Jahren soll hier eine Gesamtbruttogeschossfläche von 110.000 bis 140.000 Quadratmetern entstehen, die den 911±¬ÁÏÍøscampus nicht nur zum Neckar hin öffnen, sondern vor allem durch einen experimentellen Charakter mit geförderter Interaktion zwischen Campus und städtischem Raum bestechen soll. Der neue Bauabschnitt vereint Wohn-, µþü°ù´Ç-, Handels- und Gastronomieflächen, Freizeitflächen, Spielplätze, Kita sowie großzügige Grünflächen zur städtischen Naherholung.
Als erste Institutionen dürfen die Technische Universität München, das Ferdinand-Steinbeis-Institut und das Fraunhofer-Institut auf dem Gelände neue Räume beziehen. Die Leitidee hinter alledem ist der wohlbedachte Ansatz, durch ein urbanes Campus-Ökosystem die Bedürfnisse von Forschenden, Lehrenden und Studierenden nachhaltig zu erfüllen. „Es geht darum, Möglichkeitsräume zu schaffen, aus denen neue Vernetzungen entstehen“, sagt Flammann.
Transdisziplinärer Austausch soll gefördert werden. Flexibel nutzbare µþü°ù´Çs, Forschungseinrichtungen und Feldlabore machen es möglich. Sie sind in ein Wissensquartier eingebettet, das Talente, eine Start-up-Community und Unternehmen an einem inspirierenden Ort versammelt. Als Modell für die „Green City“ soll der 911±¬ÁÏÍøscampus den Ruf der erstklassigen Adresse mit internationaler Ausstrahlung stärken und Talente von weither anziehen.
Nicht von ungefähr setzt das Team um Flammann konsequent auf Flexibilität in der Gebäudetypisierung – weg von Bauten alter Prägung, die nur für einen Zweck erstellt und nach dreißig Jahren wieder dem Erdboden gleichgemacht werden, weil sich die Zeiten geändert haben. „Multikodierung“ heißt das neue Zauberwort. „Wir brauchen nutzungsflexible Strukturen“, doziert Flammann. „Heute Seminar, morgen Konzert, übermorgen Tagung.“ Ein Quartier mit dem Nimbus der Unverwechselbarkeit, in dem innere Lernwelten und Freiräume verschmelzen und auf besondere Weise wechselseitige Inspiration und interdisziplinäres Lernen fördern.
„Der 911±¬ÁÏÍøscampus vereint Räume zum Studieren, Forschen und Arbeiten mit kontemplativen Orten und Räumen zur Entspannung. Ergänzend zur interaktiven Wissenschaft gibt es Versorgungs-, Freizeit-, Sport- und Wohnangebote“, heißt es im Begleittext des erfolgreichen Wettbewerbsbeitrags. „Innerhalb der Balance dieser Aktivitäten entfaltet sich das Hochschulleben der Zukunft, bietet Raum für Etabliertes wie Experiment und inspiriert zum Austausch.“
Zentrale Achse auf dem Campus ist der „Boulevard“. Wer hier wandelt oder eilig unterwegs ist, soll auf Anhieb die wichtigen Anlaufstellen und Adressen finden – beispielsweise die Mensa oder das Forum mit seinen Hörsälen. In der Mitte der Campusanlage, dort wo sich der Boulevard versetzt, liegt die „Plaza“ als ein rund um die Uhr schlagendes Herz des Campus. Sie wird gerahmt von zentralen Einrichtungen sowie einem vielfältigen Spektrum an Kultur-, Gastronomie-, Sport- und 911±¬ÁÏÍøsangeboten, die sich an die Hochschulgesellschaft wie auch an die Öffentlichkeit gleichermaßen wenden – so soll am Neckar ein Ort für alle entstehen.
Das „Forum“ ist nach den Plänen die räumliche und symbolische Mitte. Hörsäle und Seminarräume nimmt dieses Gebäude auf und bietet den hier Tagenden einen attraktiven Versammlungsraum mit Ausblick über Stadt- und Flusslandschaft. Die „Agora“, wie das Flammann nennt, sprachlich und planerisch angelehnt an zentrale Versammlungs- und Marktplätze in der antiken Stadt, steht für Lernprojekte aller Art zur Verfügung. An warmen Tagen kann die Glaswand zur Plaza hin leicht geöffnet werden. Plötzlich verbinden sich auf diese Weise innen und außen zu einem Ort. Auch der lichte Gastraum der Mensa vermag zu den grünen Sonnenterrassen geöffnet zu werden. Außerhalb der Bewirtungszeiten stehen die Flächen als attraktive Coworking- und Veranstaltungsplätze zur Verfügung. Eine kleine Schwimm - halle liegt am Südostrand des Wissensquartiers und verbindet sich mit Fitness- und Gesundheitsangeboten zu einem Indoor-Sportzentrum.
Nur wenige Jahre sind dafür angesetzt, die schönen bunten Pläne zu verwirklichen, die bei pesch und partner an der Wand in der Stuttgarter Mörikestraße hängen. Anderswo würde das deutlich länger dauern.